1. Juli 2021

Zahl der Gründungen fällt im Corona-Jahr

Symbolbild Gründungen, Bild: Canva

Im Schatten der Corona-Krise haben im vergangenen Jahr weniger Menschen eine Existenzgründung verwirklicht als im Jahr zuvor. In der Rangliste der Gründungstätigkeit nach Bundesländern erreicht Baden-Württemberg den 6. Platz, wie auch im Jahr zuvor. Hier gründen 106 Personen auf 10.000 Erwerbsfähige. Dem repräsentativen KfW-Gründungsmonitor zufolge rutschte die Zahl der Vollerwerbsgründungen auf einen neuen Tiefpunkt von 201.000 (- 27.000 ggü. Vorjahr). Auch im Nebenerwerb wurde weniger gegründet als noch 2019 ( -41.000 auf 336.000). Insgesamt wagten 2020 537.000 Menschen den Sprung in die berufliche Selbständigkeit (-68.000).

Der Rückgang der Existenzgründungen liegt hauptsächlich an weniger Gründungen von Männern. Ihre Zahl sank 2020 auf 332.000 (-58.000), die Zahl der Gründerinnen blieb hingegen mit 205.000 nahezu stabil (-10.000). Gründungen von Frauen kamen damit auf einen Anteil von 38 % an allen Existenzgründungen (2019: 36 %). Dieses Ergebnis ist überraschend, denn Studien zufolge waren gerade selbständige Frauen besonders stark von negativen Auswirkungen der Corona-Krise betroffen und mussten häufiger als Männer mit Umsatzverlusten, Existenzsorgen und Einschränkungen des Lebensstandards umgehen. Gründungsinteressierte Frauen scheinen sich jedoch schneller auf die neuen Krisenbedingungen eingestellt und letztlich ihre Gründungspläne häufiger doch realisiert zu haben als Männer. Hierfür spricht, dass Gründerinnen im vergangenen Jahr häufiger als Gründer ihre Geschäftsmodelle angepasst haben (52 % vs. 39 %).

KfW Research analysiert im KfW-Gründungsmonitor auch die Abbruchraten und -gründe im vergangenen Jahr. Die Corona-Krise hat sich hier klar niedergeschlagen: Etwa vier von zehn Gründer*innen 2020 ihre selbständige Tätigkeit binnen 5 Jahren nach Geschäftsaufnahme wieder beendet. Zwar erfolgte ein Abbruch wie auch in der Vergangenheit häufig aus persönlichen Gründen (z.B. familiäre Belastung, besseres Jobangebot), doch der Anteil von Gründungsabbrüchen wegen Unwirtschaftlichkeit hat sich gegenüber 2019 auf 40 % verdoppelt. Insgesamt war im Jahr 2020 bei etwas mehr als der Hälfte (56 %) der Abbrüche die Corona-Krise entscheidend.

Allerdings waren im Corona-Jahr 2020 auch mehr Menschen motiviert, sich mit einer bietenden Geschäftsgelegenheit selbständig zu machen. Der Anteil so genannter Chancengründungen stieg auf 80 % (2019: 73 %). Aus der Not heraus wegen fehlender besserer Erwerbsalternativen entstanden nur 16 % (2019: 23 %) aller Existenzgründungen. Im vergangenen Jahr haben folglich in erster Linie diejenigen Existenzgründer*innen ihr Gründungsvorhaben in die Tat umgesetzt, die eine besondere Beharrlichkeit und Zuversicht mitgebracht haben. Auf der anderen Seite dürfte die Kurzarbeit dazu beigetragen haben, dass nicht mehr Menschen aus der Not heraus eine selbständige Tätigkeit aufnahmen.

Nach dem coronabedingten Einbruch der Gründungstätigkeit in Deutschland verspricht 2021 ein gutes Gründungsjahr zu werden. Der konjunkturelle Aufschwung gibt Rückenwind und auch der Arbeitsmarkt dürfte eher positiv auf die Gründungstätigkeit wirken. Hinzu käme: Viele Gründungsplaner*innen wollten eigentlich bereits 2020 gründen - sie haben ihre Projekte aufgrund der Corona-Krise nur verschoben. Sie sind im Planungsprozess weit vorangeschritten und nah an der Umsetzung. Auch davon dürfte die diesjährige Gründungstätigkeit laut Aussage der KfW profitieren.

Weitere zentrale Ergebnisse des KfW-Gründungsmonitors sind:

  • Innovative Gründungen, das sind Existenzgründungen mit Forschungs- und Entwicklungs-Aktivitäten, machten 13 % Gründungen 2020 aus, 24 % waren wachstumsorientierte Gründungen. Internetbasierte Gründungen, bei denen das Internet Kernelement des Unternehmens ist, erreichten einen Anteil von 31 % aus und digitale Gründungen, deren Angebot nur durch den Einsatz digitaler Technologien nutzbar ist, kamen auf 26 %.
  • Im Länderranking steht Berlin weiter mit Abstand an der Spitze. Dort haben im Durchschnitt der Jahre 2018–2020 von 10.000 Erwerbsfähigen jährlich 181 Personen eine selbstständige Tätigkeit begonnen. Brandenburg, das von der Ausstrahlung der überdurchschnittlichen Berliner Gründungstätigkeit auf die Peripherie profitiert hatte, ist aufgrund coronabedingt rückläufiger Gründungstätigkeit vom zweiten Platz wieder auf Platz 5 abgerutscht (104 Gründungen je 10.000 Erwerbsfähige). Auf Platz 2 kommt nun Hamburg (129) vor Schleswig-Holstein (120) auf Platz 3. Baden-Württemberg erreicht den sechsten Platz
  • Nach einem Jahr Corona-Krise gehen Gründer*innen mit dem Gründungsstandort Deutschland insgesamt hart ins Gericht. Nur die Benotungen des freien Marktzugangs (Schulnotenskala: 2,3), der Beratungsangebote (2,6), des Zugangs zu öffentlichen Fördermitteln (3,3) und die Kreditverfügbarkeit (3,7) blieben auf dem gewohnten Level. Die anderen Faktoren wurden dagegen etwa eine halbe Note bis eineinhalb Noten abgewertet. Die Benotungen der gesetzlichen Regelungen (4,3; +1,3), der bürokratischen Informations- und Berichtspflichten (4,6; +1,2) sowie der steuerlichen Belastung (4,4; +0,8) verschlechterten sich am stärksten.

Der aktuelle KfW-Gründungsmonitor ist hier abrufbar >>

Zum Datenhintergrund:
Der KfW-Gründungsmonitor ist eine repräsentative, seit dem Jahr 2000 jährlich durchgeführte, telefonische Bevölkerungsbefragung zum Gründungsgeschehen in Deutschland. Er basiert auf Angaben von 50.000 zufällig ausgewählten, in Deutschland ansässigen Personen. Gründer*innen werden dabei breit erfasst: Ob im Voll- oder Nebenerwerb, ob Freiberufler oder Gewerbetreibender, ob Neugründung oder Übernahme. Der KfW-Gründungsmonitor liefert damit ein umfassendes Bild der Gründungstätigkeit in Deutschland.